Einen Marathon zu laufen ist eine Bestätigung meiner Fitness und erfordert ein hohes Maß an Disziplin und Aufopferungsbereitschaft. Für mich sind solche Sportentscheidungen zur Orientierung von immenser Bedeutung. Schließlich zeigt sich dann, ob all die unzähligen Stunden in der Dunkelheit, in der Kälte, bei Donner, Regen und Sturm sich gelohnt haben. Der Berlin Marathon ist bekannt für seine außerordentlich schnelle Strecke und hier in der deutschen Weltstadt wurden schon Rekorde gebrochen.
Die letzten Male hatte ich zu viel Ehrfurcht vor der langen Strecke und habe sie teilweise im Trabtempo hingelegt. Bei Massenläufen wie in Paris muss man aber einen guten Startblock erwischen und andererseits sein Tempo mit +- 5 Sekunden durchziehen, um seine Zielzeit am Ende auch zu erreichen. Was ich auf der Strecke erlebt habe, was für Emotionen auf und neben der Laufstrecke vorhanden waren, erzähle ich euch gern in meinem Erfahrungsbericht.
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Ein Jahr warten auf das große Event
Da ich mich noch nicht über die Qualifikationszeit von unter 2:45 bei einem AIMS zertifizierten Lauf qualifizieren kann, bleibt mir nur die Option über das Losverfahren, das für gewöhnlich ab Oktober startet. Ende November werden die Teilnehmer dann per Mail über ihr Losglück informiert und für mich wars vor einem Jahr gleich im ersten Anlauf ein Erfolgserlebnis bevor der erste Lauf überhaupt stattfindet. November 2017 erfuhr ich dann von meinem Losglück und markierte mir den Termin natürlich fett im Kalender. Seitdem galt es, im Training ordentlich Gas zu geben und mich stetig weiterzuentwickeln. Schon auf der 10km und Halbmarathondistanz konnte ich meine Zeiten zum Vorjahr deutlich verbessern und nahm mir auch vor, auf der Marathonstrecke einen ordentlichen Leistungsschub zu verpassen!
Zur Überbrückung der Vorfreude stand erstmal ein gemütlicher Marathonlauf in Paris an, um mich leistungstechnisch wieder an die lange Distanz zu gewöhnen. Ganz anders als in Berlin war Paris jedoch eher ein gemütlicher Jogginglauf mit Sightseeing-Tour, bei der ich inmitten der Masse großartige Aufnahmen mit meiner Cam machte und das Event recht unbeschwert absolvierte. Aber schon da merkte ich insbesondere im letzten Drittel des Laufs, dass die Kräfte sich dem Ende näherten. Für den Berlin Marathon trainierte ich nach einem Trainingsplan von Runner’s World https://www.runnersworld.de/trainingsplan/marathon-trainingsplaene.278385.htm und probierte alle Trainingsformen (Intervall, Steigerungsläufe, Tempodauerläufe, Marathontempo, Bergläufe) aus. Wenn es aber dann darauf ankommt, muss man aber auf den Punkt fit sein. Marathonzeiten unter 3 Stunden sind allerdings für mich noch in weiter Ferne. Denn ich laufe erst seit zwei Jahren. Und der Entwicklungsprozess dauert noch weiter an. Bis die Laktatschwelle durch kontinuierliches Training verschoben wird und die Routine bei den Läufen vorhanden ist, dauert es bei mir Spätzünder eher noch einige Zeit.
Der Tag vor dem Lauf – Besuch bei der Sportmesse
Samstag ging es mit dem Flieger Richtung Berlin und von dort mit dem Bus und den öffentlichen Verkehrsmitteln zum ehemaligen Flughafen Tempelhof mit mehreren großen Hallen, einem großen Flughafenfeld mit Gastronomieständen für Freunde und Familie, die dort ihre Zeit verbringen können, während die Läufer im abgesperrten Bereich ihre Startunterlagen abholten und sich an den zahlreichen Ständen sich von den Sportangeboten wie Klamotten, Verpflegung anlocken lassen konnten. Es ist wirklich ein Massenauflauf an Menschen hier anzutreffen und ich bin doch ein wenig enttäuscht, dass neben den kommerziellen Angeboten bei einem der World Marathon Majors wenig Unterhaltung, Showeinlagen oder sonstiges in der Art geboten wurde. Es ist ohne Frage alles gut organisiert und verläuft reibungslos ohne große Probleme. Doch man hatte nicht das Gefühl, dass man dort einen ganzen Tag verbringen musste. Zurück gings dann in meine bescheidene Unterkunft, in der ich mich auf den nächsten Tag mit meinen Sportklamotten vorbereitet hatte.
Der Lauf Tag – kurz vor dem Start
Der Wecker wurde heute auf 6:30 Uhr gestellt. Ich konnte die Nacht allerdings nur für höchstens 3 Stunden, so dass ich tatsächlich viel früher aufstand. Duschen, Frühstücken, anziehen, letzte Checks – und dann konnte es endlich losgehen. Auf dem Marathonfestgelände konnte man seine Reisetasche leider nicht mitnehmen, sondern die zur Verfügung gestellten durchsichtigen Plastikbeutel. Und in diesen Beuteln passte erstaunlich viel rein. Wechselklamotten, wichtige Wertsachen wie Handy, Geldbeutel Leckereien, Drinks und Snacks mussten natürlich da rein. Es ging dann mit der U-Bahn zum Potsdamer Platz. Von dort marschierten wir ein Stück bis zum Brandenburger Tor und mit dem Armband konnten wir in das Areal kommen. Davor hieß es noch Abschied von Freunden und den Liebsten nehmen. Denn die durften auch hier nicht rein.
Viel Aufregendes gibt’s hier im Areal vor dem Bundestag für externe Besucher auch nicht viel zu sehen. Die Taschen wurden an den Ständen abgegeben, vor den Dixie-Klos bildeten sich lange Schlangen und über große Leinwände konnte man den Start der ersten Läuferwelle beobachten. Eliud Kipchoge legte schon mal zu Beginn ein Höllentempo ein und ich wäre schon froh, wenn ich so ein Tempo einen Kilometer lang durchhalten würde.
Der Lauf beginnt – das Warten hat ein Ende
40 Minuten vor dem Start begab ich mich schon mal in den jeweiligen Startblock. Musik dröhnt aus den Boxen, die Fernsehkameras fangen die Stimmung ein und die Spannung stieg wenige Minuten vor dem Lauf an. All die Laufstrategien, Paces, Taktiken habe ich jetzt schon mal aus dem Kopf verdrängt. Für mich ging es einfach nur darum, einfach loszulaufen, die Stimmung einzufangen und Spaß an der Sache zu haben.
Das erste Drittel verläuft flott, allerdings schneller als erwartet
Die ersten 15 Kilometer liefen schon mal ordentlich. Ich lief zeitweise zwischen 12:xx und 13:xx km/h durch die Straßen von Berlin. Die Befürchtung, dass die großen Massen für einen gewaltigen Stau sorgen, hat sich nicht bewahrheitet. Ich konnte mich von der hintersten Startgruppe absetzen und machte mich auf, die nächste Startergruppe, die 15 Minuten später anfing. Nach 15km lag meine Zeit bei 1:12:49. Hätte ich das Tempo gehalten, wäre ich am Ende bei einer Zielzeit von rund 3:36 gelandet.
Gemütliches zweites Drittel mit der Laufmasse
Nach dem ersten Drittel habe ich das Tempo ein wenig rausgenommen und lief in gemütlicher 5:xx min/km Pace durch die Straßen, die nun deutlich dichter mit Läufern befüllt war. Es herrscht allerbeste Stimmung mit den Musikbands, dem lauten Publikum und auch unter den Läufern herrschte gute Laune. Im Nachhinein muss ich allerdings feststellen, dass das Runterschalten auf einen niedrigeren Gang fatal ist. Ich lief im zweiten Abschnitt rund 40 Minuten langsamer und das konnte im letzten Abschnitt nicht mehr wettgemacht werden.
Krampf und Kampf im letzten Drittel
Im letzten Drittel kamen neben Krämpfen auch ein wenig Magenverstimmungen durch den ständigen Wechsel von Wasser zu warmem Tee und durch die Aufnahme vom neuen Sportgel, an das ich mich gewöhnen musste. Ich war zu diesem Zeitpunkt nicht in Topform und habe in den ersten Kilometern zu viel Kraft gelassen, was sich zu diesem Zeitpunkt rächte. In der Folge lief ich die zweite Hälfte eine halbe Stunde länger als die erste, was ein kleines Desaster war! Das war heute nicht mein Tag und zudem habe ich eine falsche Strategie an den Tag gelegt, was die Laufeinteilung anging.
Am Ende reichte es zu einer Zeit von knapp 4:02 Stunden, was eigentlich in Ordnung ging. Jedoch war da mehr möglich gewesen und diese verpasste Chance kann ich einen Monat später beim Heimspiel beim Münchner Marathon unter Beweis stellen. Der Gesamtsieger Eliud Kipchoge lief die Strecke in 2:01 und war somit doppelt so schnell wie ich! Allerdings ist er auch von einem anderen Planeten und lief allen davon.
Was ich vom Berlin Marathon 2018 lernte
Die Stimmung kocht, das Adrenalin schießt durch den Körper und das Publikum peitscht dich ordentlich an. Kein Wunder, dass man nach dem Start ordentlich lossprintet. Das geht bei einer Halbmarathonstrecke! Doch ein Marathon ist eine große Herausforderung, bei der die Kräfte sinnvoll eingeteilt werden sollten. Die oft erwähnte Empfehlung, dass man die ersten Kilometer langsam angehen sollte und später im Tempo aufdreht, werde ich verinnerlichen. Den ersten Kilometer
Der Berliner Marathon hat mich zum Umdenken bewegt und ich werde meine künftigen Läufe auf dieser Strecke mit einem anderen Split laufen, um am Ende die Kraft zu einem schnellen Schlusssprint aufzubringen. Die Ernährung müsste auch umgestellt werden und nur die Sportgels, die mir im Magen liegen, werde ich künftig nehmen. In vielerlei Hinsicht hat mir so ein Event gezeigt, wo ich sportlich stehe und worin ich mich noch verbessern muss, um das Beste rauszuholen. Wenn ihr die Chance habt, beim Berliner Marathon mitzulaufen, dann lasst euch diese Chance nicht entgehen.