Berlin war für mich bislang Licht und Schatten bei bisherigen Wettkämpfen gewesen. Letztes Jahr war ich euphorisiert von der Stimmung und rannte in Full Speed durch die Stadt. Doch ich machte den Fehler, dass ich zwei Gänge runterschaltete und somit mich komplett ausbremste. So wurde die zweite Hälfte nicht gerade zu einem glorreichen Verhältnis.
Ein Jahr später ist Wiedergutmachung beim Berlin Marathon 2019 angesagt. Ich kann seit dem letzten Jahr deutliche Steigerungen in der Performance erkennen und kann aus dem Stand einfach mal die 4:30min/km problemlos knacken und laufe inzwischen Intervalle mit 3: xx min/km Pace. Das sind eigentlich gute Bedingungen, um neue Bestzeiten zu laufen. Aber jeder Marathon schreibt auch seine eigenen Geschichten von Erfolg und Misserfolg. Deswegen kann alles passieren, egal wie fit ich bin. Wie ich mich beim Berlin Marathon geschlagen habe, erfahrt ihr hier. Vorab aber schon mal gesagt: das war ein Rennen, den die meisten Läufer von uns nicht so schnell vergessen werden.
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Anreise nach Berlin zum Frühstückslauf
Da ich auch beim Frühstückslauf mit dabei sein wollte und dabei die ausgelassene Stimmung der Läufer nicht vermissen will, bin ich schon Freitag mit dem Flugzeug angekommen. Glücklicherweise bin ich nicht am frühen Morgen am Samstag angetanzt, sonst wäre der Weg vom Flughafen zum Frühstückslauf doch ein wenig komplizierter geworden und mit dem Gepäck wollte ich nun wirklich nicht antanzen. So blieb ich zwei Nächte lang in Berlin, um mir die Stadt natürlich genauer anzusehen und unnötigen Reisestress kurz vor dem Wettkampf beim Berlin Marathon 2019 zu vermeiden.
Der Frühstückslauf führt von Schloss Charlottenburg direkt zum Olympiastadion. Das ist eine komplett andere Strecke als beim Berlin Marathon. Es geht natürlich ruhiger zu und Spaß muss natürlich sein. Das Einzige, was uns die Laune ein wenig getrübt hatte, war das Wetter. Es war eine Mischung aus Nieselregen, Wind und teilweise lachte uns die Sonne mal an. Doch insgesamt war das schon eine schöne Veranstaltung mit gutgelaunten Menschen aus aller Welt, die wirklich zahlreich angetreten sind.
Direkt nach dem Lauf zur Startnummernausgabe
Mich frisch machen oder duschen musste ich mich nicht. Denn mit einem lockeren Tempo von 6:58 min/km war diese sportliche Angelegenheit eher ein kleiner Jogginglauf ohne große Schweißausbrüche. Nachdem wir uns mit dem kostenlosen Frühstücksangebot beim Stadion vergnügt haben, setzten wir die Reise fort zum stillgelegten Flughafen Tempelhof in der Nähe der U-Bahn Platz der Luftbrücke. Seit dem vergangenen Jahr hat sich auch wenig verändert. Draußen bei den Flugplätzen sind die ganzen Ess- und Imbissstände, während drinnen zugelassene Athleten eine pralle Fülle an Geschäftsständen, Marathoninfoständen sowie Attraktion erleben durften.
Ein wenig Trübsal musste ich aber dennoch ein wenig blasen, als die diesjährigen offiziellen Marathonshirts in meinen Größen nicht mehr vorhanden waren. Die anderen Shirts rissen mich aber auch nicht unbedingt vom Hocker. Das ist dieses Jahr wieder sehr gut organisiert. Doch den ganzen Tag wollte ich hier dann doch nicht verbringen. Vielmehr lud mich das inzwischen freundlichere Berliner Wetter, das zwischenzeitlich durch Nieselregen geprägt war, zur wiederholten Sightseeing-Tour. Aber früh ins Bett gehen war trotzdem angesagt.
Der Berlin Marathon 2019 beginnt – Tag der Abrechnung
Auf diesen Tag habe ich ein Jahr lang hintrainiert und jeden Monat konstant 300km gelaufen. Es musste eine neue Bestzeit her. Egal ob um 5 Minuten besser oder um 30 Minuten. Eine Steigerung zum Vorjahr musst einfach her. Dafür ist die Strecke gemacht für schnelle Läufe. Und ich hatte diesmal eine andere Strategie an den Tag gelegt. Die ersten 15 Kilometer im gemütlichen Tempo zu laufen, die weiteren 10 Kilometer im Wettkampf und die restlichen Kilometer mit meinem Bauchgefühl.
Und los geht’s: Kilometer 1-15km – lockerer Trainingslauf
Auf los geht’s los. Normalerweise habe ich mir vorgenommen, im ersten Drittel das Tempo im konstanten Lauftempo durchzuziehen ohne große Sprints oder Tempoläufe, um in diesem Rhythmus zu bleiben. Ich konnte sogar locker an der 3:30 Pacemaker Gruppe vorbeilaufen. Es war gefühlt langsamer als im letzten Jahr, als ich durch die Straßen Berlin im hohen Tempo gerast bin. Doch es war nur minimal langsamer. Das ist auch mal ein kleiner Fortschritt als Resultat des Trainings. Natürlich hätte ich beim Gaspedal noch härter drauftreten können. Doch ich wusste auch, dass immer noch 27 Kilometer im hohen Tempo zu laufen sind. Doch das ist der Berlin Marathon. Das ist eine richtige Laufparty, wo die Läufer nach vorn gepeitscht werden. Ich fühlte mich fit und stark an dem Tag und war auf 3:30 Zielzeit Niveau beim Berliner Marathon 2019.
Kilometer 15-25 – hier entscheidet die Performance über den Ausgang
Endlich fing die zweite Runde an und für mich war es der richtige Start in den Marathon. Hier entscheidet sich in dieser 10km Runde auch, ob ich in Top-Form war oder meine Kräfte wieder schwächelten. Ich habe zwar vorgenommen, hier Vollgas zu geben. Aber aus unerklärlich Gründen war ich deutlich langsamer als sonst, obwohl eine Pace von knapp über 5:0x min/km immer noch ein ordentliches Tempo war. Aber ich war in diesem Streckenabschnitt schon mal deutlich schneller unterwegs.
War das die Ehrfurcht vor dem Berliner Marathon. Spielen die Gedanken über den Kräfteverschleiß durch die letzten Wettbewerbe eine Rolle? Der Himmel fing auch an, seine Regentropfen auf uns niederzulassen. Heute war nichts mehr mit gemütlich joggen gehen und irgendwie das Ziel erreichen. Heute musste gekämpft werden und nach einer intensiven Halbmarathonstrecke war ich immer noch hellwach. Als ich die HM Strecke hinter mich gebracht hatte, war ich immer noch auf 4: xx min/km Kurs. Und lief bis Kilometer 25 die Strecke einfach geschmeidig und ohne große Probleme, wenn auch mit einem etwas langsamere Tempo.
Kilometer 25-42 – der Marathon beginnt
Wenn es einen Streckenbereich gibt, der das Blut ordentlich in Wallung bringt, dann ist es das letzte Drittel eines Marathonlaufs. In diesem Moment habe ich immer wieder daran gedacht, wie flott ich die 13-14 km mal an einem guten Tag in einer Stunde gelaufen bin. Davon war ich aber am Berliner Marathontag aber weit davon entfernt, die Strecke einfach im hohen Tempo zu laufen. Marathon ist nicht immer nur eine Sache der Beinarbeit, sondern auch eine Kopfsache. Ich war immer ein vernünftiger Mensch gewesen, der kein großes Risiko eingehen wollte. Vielleicht ist es auch der Grund, warum ich in den vielen Sportjahren nie verletzt habe. Denn ich habe immer auf meinen Körper gehört. Und genau in dieser Situation war ich auch, als 29km in einem nun ruhigeren Tempo gelaufen sind. Nun hatte ich die Chance, 13 Kilometer im hohen Tempo durchzuhalten, was ich bei zahlreichen Distanzen bei Halbmarathon- und 10km Distanzen immer wieder machte. Doch heute sollte es nicht sein. Ich lief fleißig mit der nächsten Laufgruppe mit und wollte unter keinen Umständen wieder lange Gehpausen einlegen. Die haben ich zwar gemacht. Aber sie waren deutlich seltener als bei den letzten Marathonevents. Und irgendwann musste man in die Routine ja reinkommen. Nur war das heute eher langsame Joggingtempo gewesen.
Noch 4 Kilometer waren zu laufen. Ich hatte nie das Gefühl gehabt, dass 4 Kilometer besonders viel sind fürs Laufen. Aber heute kamen sie einem sehr lange vor, zumal mein Körper langsam auf Standby Modus schaltete. Ich bin heute also nicht mit Geschrei und Kämpferherz ins Ziel beim Berlin Marathon gelaufen, sondern wollte den Sack einfach nur souverän zumachen, zumal der nächste Marathon in den USA noch ansteht.
Endlich das Ziel erreicht
Vorbei am Brandenburger Tor vorbeigerauscht und endlich die Ziellinie im Auge gehabt. Die letzten Meter war es nur noch ein lockeres Auslaufen und zu diesem Zeitpunkt habe ich nicht daran gedacht, dass noch ein bisschen mehr Zeit aufzuholen wäre, wenn ich einfach durchgesprintet worden wäre. Das Zielzeit von 3:46:02 ist eine neue Bestmarke von mir. Doch ich hatte heute das Gefühl, dass eine Zeit unter 3:30 machbar gewesen wäre, wenn der Kopf nicht so sehr gestreikt hätte. Aber jetzt habe ich dafür ein neues Ziel. Diese PB gilt es in Chicago zu pulverisieren. Denn da lege ich eine neue Laufstrategie fest und werde an einigen Abschnitten bewusst aufs Gaspedal treten.
Fazit vom Berlin Marathon 2019
Die Laufstrecke, die Organisation und die Stimmung mit den Zuschauern ist einfach der Wahnsinn. Vielleicht ist die Stimmung vergleichbar mit dem Pariser Marathon oder den anderen World Major Marathon Distanzen wie New York oder Tokio. Aber hier in Berlin würde ich immer wieder gern antanzen, da es einfach zu den allergrößten Lauf-Highlights gehört. Und wie schnell die Strecke ist, sieht man an den Weltrekorden der Athleten. Eliud Kipchoge lief den Berlin Marathon 2018 in 2:01:39, ein Jahr später verpasste Kenenisa Bekele mit 2:01:41 den Weltrekord um 2 Sekunden.
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